BRINK: Aubrey Hesselgren über das Bewegungssystem

BRINK ist kein Spiel der normalen Sorte, denn nicht nur das Gameplay ist erfrischend neu: Auch das Tagebuch in seiner alten Form wird durch die Entwickler des Spiels wiederbelebt. So dürfen wir euch heute wieder ein durchaus langes…

BRINK ist kein Spiel der normalen Sorte, denn nicht nur das Gameplay ist erfrischend neu: Auch das Tagebuch in seiner alten Form wird durch die Entwickler des Spiels wiederbelebt. So dürfen wir euch heute wieder ein durchaus langes Schriftstück präsentieren, in dem ein neuer Screenshot und drei Skizzen der kreativen Köpfe des Titels versteckt sind. Wir wünschen euch viel Spaß beim erkunden der neuen Details!

Entwicklertagebuch Nr. 3
von Aubrey Hesselgren, Technical Designer bei Splash Damage

Einleitung
BRINK: Aubrey Hesselgren über das BewegungssystemVor sechs oder sieben Jahren war ich einmal – für eine kurze Zeit – nicht fett. Ich war schlank, beweglich und durchtrainiert. Endlich hatte ich ein Hobby, das man auch in gehobener Gesellschaft ansprechen konnte. Meine Freunde und Verwandten gingen (fälschlicherweise) davon aus, ich würde mich nachts auf den Dächern von Southampton herumtreiben, um Rückwärtssaltos über die Köpfe von coolen Bösewichten zu schlagen. Knapp daneben ist auch vorbei. Ich hatte lediglich „Parkour“ für mich entdeckt – die Kunst, wie man sich effizient über, um, unter und durch jedes Hindernis bewegt, das einem in den Weg kommt.

Und vor zwei Jahren habe ich dann bei Splash Damage angefangen. Mir wurden Vorlaufarbeiten zu dem Projekt gezeigt, das später zu Brink werden würde. Was mir dabei ins Auge sprang, war der Wunsch nach einem System, das völlig freie Bewegungen möglich machen sollte. Da ich ein wenig Erfahrung gesammelt hatte, was freies Bewegen anging, und noch dazu mit ein paar echten Szenegrößen abgehangen hatte, kam mir die Sache wie ein Geschenk des Himmels vor.

Zufällig erstelltes Terrain…
Der Schauplatz von Brink – die von Menschenhand geschaffene Arche – war nie darauf ausgelegt, zehntausende Bewohner zu beherbergen. Sie wurde für ein paar tausend Wissenschaftler, Geschäftsleute, Arbeiter und Stars gebaut: Menschen, die sich an die vorgegebenen Wege und rationalen Strukturen hielten, die ihrer Architektur zugrunde lagen. Extreme Überbevölkerung, Zerfall und Baufälligkeit haben jedoch inzwischen zu einem neuen, ganz anderen Netzwerk aus Routen durch die Arche geführt: Containerstapel lassen sich bequem hinaufklettern und Barrieren, die früher einmal Fußgänger in bestimmte Richtungen lenkten, betteln jetzt förmlich darum, dass man über sie hinwegflankt.

Im echten Leben stellen Räume, die darauf angelegt wurden, den Bewegungsfluss einer Menschenmenge in gewissen Bahnen zu halten, völlig unbeabsichtigt die fantastischsten Orte für eine Runde Parkour dar. Wir versuchen, diesen Ansatz in die Welt von Brink zu übertragen, denn wenn ein Leveldesigner eine Mauer zu eingeutig platziert, raubt das dem Spieler etwas von seiner Kreativität und seinem Improvisationstalent – beides Kernelemente von Parkour. Im Grunde sind es genau die ungeplanten Sprünge zum Boden, die Mauerüberwindungen und die knappen Katzensprünge mit halber Drehung, die einem in einem Videospiel die bestmögliche Annäherung an die ungezügelte Art und Weise erlauben, wie man sich beim Parkour seinen Weg sucht.

…trifft auf geschmeidige Bewegungen
Wenn wir nun einen Ego-Shooter spielen, sind unsere Avatare jedoch leider nur Kühlschränke auf Rollschuhen, denen man zudem eine Deppenkappe aufgesetzt hat: Auch wenn wir Schritte hören und Arme und eine Waffe vor uns sehen, sind wir doch nur ein großer Kasten, der bei eingeschränktem Sichtfeld über ein Feld mit geometrischen Formen schlittert. Als Spieler entwickeln wir komplexe, genau austarierte Fertigkeiten, um die Plumpheit unseres virtuellen Gegenstücks und dessen begrenzte, künstliche Sinne auszugleichen.

Je ausgefeilter eine Welt wird, über desto mehr können wir stolpern, was unseren Eindruck einer fließenden Bewegung stört. Eine Lösung ist die, unseren Kühlschrank zwei Meter in die Luft springen zu lassen, wodurch wir uns nicht mehr um die unbedeutenderen Objekte kümmern müssen, denen wir im echten Leben mühelos ausweichen würden. So erhält man tatsächlich geschmeidige, elegante Bewegungen (man braucht sich nur einige der Tricksprünge anzusehen, die man in QUAKE II oder III ausführen kann), aber sonderlich glaubwürdig sind sie nicht.

Unsere Herausforderung bestand also darin, ein Bewegungssystem zu entwickeln, das elegant mit unseren hochdetaillierten Umgebungen umging, ohne dabei dem Spieler etwas von seiner Kontrolle und Kreativität zu nehmen.

BRINK: Aubrey Hesselgren über das Bewegungssystem
Der Möglichkeitsraum von SMART

Gedankensprünge
Stilistisch gesehen wollten wir den Eindruck von ungehinderten, fließenden Bewegungen einfangen, wie man sie von den ersten Traceuren David Belle (Banlieu 13) und Sebastien Foucan (Jump Britain/Casino Royale) kennt. Wir wollten den Spielern das Gefühl geben, dass sie sich flüssig und ohne Unterbrechungen bewegen können, und ihnen gleichzeitig vermitteln, wie echte Parkour-Techniken angewendet werden. Die Bewegungen sollten nützlich und nicht nur eindrucksvoll sein.

Um den anderen Leuten im Studio zu veranschaulichen, wie sich freie Bewegungen aus der Ego-Perspektive darstellen, fing ich wieder mit Parkour an. Ich machte mich zum Bauernhof meiner Eltern im Südwesten Englands auf, schnallte mir eine Kamera auf den Kopf und rannte durch die Gegend.

Im Studio ging man davon aus, ich würde Referenzmaterial für das Spiel sammeln – dass jeder Rüttler und Schüttler, den die Kamera aufzeichnete, irgendwie digitalisiert und ins Spiel gelangen könnte. Eigentlich wollte ich nur den Beweis liefern, dass echtes Parkour mit seiner angedachten Inkarnation im Spiel einfach nicht kompatibel war.

Als ich daheim über Gatter flankte und im Zickzack über Mauern hüpfte, war ich mir der genauen Lage meines eigenen Körpers im Raum jederzeit bewusst (ein Effekt, der auch „Propriozeption” genannt wird), aber im Schneideraum erzählten die Aufnahmen eine ganz andere Geschichte: Das Bild wackelte hin und her, was es schwierig machte, überhaupt zu erkennen, was ich in einem bestimmten Moment gerade tat. Jeder Spieler, der mit seiner Maus oder seinem Controller eine derart wacklige Kamera zu lenken hätte, würde sofort die Orientierung verlieren und wäre aus der eigentlichen Spielerfahrung herausgerissen. Ich habe versucht, das meinen Kollegen zu erklären, aber sie haben sich lieber immer wieder den Ausschnitt angesehen, in dem mein Vater mir einen Kinnhaken verpasst.

Nachdem die Tränen der Belustigung getrocknet waren, kamen wir überein, dass unsere Kamerabewegungen und Animationen der Informationsvermittlung und nicht der Desorientierung dienen mussten. Und nach einer echt gewieften Programmierleistung tun sie das jetzt auch.

Jetzt brauchten wir nur noch ein paar Monate für das Prototyping, die Iteration, die Finalisierung und natürlich eine griffige Abkürzung: S.M.A.R.T. – Smooth Movement Across Random Terrain (intelligentes Bewegen über zufällig erstelltes Terrain).

Unter der Haube: Wie SMART funktioniert
Das war der komplizierte Teil. Wir berechneten die Levelgeometrie vor, um ein vereinfachtes Modell zu erschaffen, das nur die betretbaren Bereiche und die „Erreichbarkeiten“ zwischen diesen Arealen abbildete.

Unsere schlauen Programmierer haben erkannt, dass das Anlegen von „Spuren“ in dieser unfertigen Umgebung, um zu verankern, ob eine SMART-Bewegung an einer bestimmten Stelle möglich ist oder nicht, bei bis zu 16 Spielern viel zu rechenintensiv ausfällt. Aber alle Informationen, die wir über Vorsprünge und tiefer gelegene Areale brauchen, sind schon im Bot Navigation Mesh enthalten. Unsere Leveldesigner legen daher keine bestimmten Punkte fest, an denen Spieler sich an etwas hochziehen, darüber hinwegflanken oder darunter durchrutschen können – das System berechnet einfach vor, wo diese Aktionen möglich sind.

Wenn ein Spieler sich durch die Level bewegt, überprüfen wir diese unsichtbaren Erreichbarkeiten, noch bevor er dort ankommt. Dann filtern wir sie anhand ihrer Lage und Ausrichtung. Da ein Spieler an jedem beliebigen Punkt eine ganze Menge möglicher Routen einschlagen kann, gibt es selbst nach diesem Zurechtstutzen eventuell immer noch mehr als eine Option. Wir wollen dem Spieler das Steuern erleichtern, aber wir wollen ihn nicht in eine Bewegung hineinzwängen, die er gar nicht beabsichtigt hat (beispielsweise ihn über etwas hinwegflanken zu lassen, worunter er eigentlich durchrutschen wollte).

Hier kommt die SMART-Taste ins Spiel. Neben ihrer Sprintfunktion verrät die SMART-Taste dem Bewegungssystem, dass man automatisch Flanken, Rutschen oder Klettern möchte, sobald man sich an einen Punkt bewegt, an dem dies möglich ist. Gibt es mehr als eine Option für eine Aktion, überlassen wir die endgültige Entscheidung dem Spieler anhand seiner Blickrichtung. Nehmen wir ein Geländer als Beispiel, über das man flanken oder unter dem man durchrutschen könnte: Schaut man nach unten, rutscht man; schaut man nach oben, flankt man.

Nach einigem Prototyping stellte sich das als höchst intuitiver Ansatz heraus, beinahe so, als würde man nur mit Blicken einen Faden durch ein Nadelöhr führen.

BRINK: Aubrey Hesselgren über das Bewegungssystem
Der intuitive Bewegungsansatz von SMART

Halbautomatik für alle
Ein wichtiger Hinweis: SMART ist weder eine Art Autopilot, noch spielt es das Spiel für einen. Es ist eher ein Werkzeug, das so entwickelt wurde, dass es einem erlaubt, Brink genau auf die Art und Weise zu spielen, in der man es spielen möchte. Es ist eine Brücke zu einer intensiveren Spielerfahrung und keine Barriere, die einem den Zugang versperrt.

Das Zielen und Schießen bleibt davon weitestgehend unangetastet. Wenn man über etwas hinwegflankt, während man seine Waffe nachlädt, setzt der Nachladevorgang nach dem Flanken wieder dort ein, wo er unterbrochen wurde, anstatt vollständig abgebrochen zu werden. Alle Bewegungen sind kurz oder lassen sich unterbrechen, was die Zeit minimiert, bis man nach einer Animation wieder die volle Kontrolle über seinen Avatar erhält.

Das Flanken ist ebenfalls schnell und berücksichtigt die Ausgangsgeschwindigkeit, um die Beibehaltung einer flüssigen Bewegung zu gewährleisten. Das Rutschen lässt sich noch einen kleinen Augenblick steuern, um dem Spieler mehr Kontrolle darüber zu geben. View Kicks werden auf ein Minimum reduziert, damit man durchgängig zielen kann – und zwar unabhängig von der gerade laufenden Bewegung. Selbst der in Ego-Shootern übliche Bobbing-Effekt wird kompensiert (um eine „Fixierung des Blicks” zu simulieren), sodass man immer dorthin zielt, wohin man auch zielen möchte. Die generelle Regel lautet: Wir fummeln nicht wegen irgendeiner Effekthascherei an der Schusslinie herum.

Das Hinaufklettern an Mauern geht recht zügig und kann so unterbrochen werden, dass es in eine Serie von Wandsprüngen übergeht. Diese Wandsprünge sind dabei keine fixe Bewegung entlang einer Mauer, sondern eher eine Art leicht zu verknüpfender Doppelsprung. All das trägt dazu bei, dass man jederzeit das Gefühl hat, hundertprozentig die Kontrolle zu behalten – ein Gefühl, das selbst bei einigen der riskantesten Parkour-Manöver aus der echten Welt nicht abreißt.

BRINK: Aubrey Hesselgren über das Bewegungssystem

SMARTes Timing: Hochziehen aus der Luft dauert länger als Hochziehen aus vollem Lauf

Und man kann nach wie vor das altbewährte Springen und Ducken per manueller Steuerung verwenden, um zu flanken, sich hochzuziehen, zu rutschen oder an eine Wand zu springen. Es ist allerdings die Kombination aus SMART und manueller Steuerung, die einem die größte Vielseitigkeit verleiht, da man sich so leicht umsehen und auf drängendere Probleme als Hindernisse konzentrieren kann. Für einen kniffligen Wandsprung, der aus einem langsamen Hochziehen ein viel schnelleres Flanken machen könnte, verlässt man sich des Timings wegen vielleicht besser zu Anfang auf einen manuellen Sprung und hält trotzdem die SMART-Taste gedrückt, um das Flanken hinzukriegen. Man hat immer die Kontrolle über die Animation, und man kann jederzeit aus einer Bewegung ein- oder aussteigen, indem man die SMART-Taste drückt oder loslässt.

Schluss
Wenn mir meine Kollegen über ihre Erfahrungen mit SMART im Spiel berichten, höre ich eine Sache immer wieder: Sobald sie einen anderen Shooter spielen, vermissen sie die SMART-Taste. Digby, einer unserer Tester, hat mir davon erzählt, wie er bei einem beliebten Online-Shooter von seinen Kumpels aus dem Clan dabei ertappt wurde, wie er aus vollem Lauf gegen eine niedrige Mauer geknallt ist, weil er davon ausgegangen war, einfach darüber hinwegzusetzen. Seine Freunde haben ihn gefragt: „Diggers … was war das denn, Diggers?“ Wegen seiner Vertraulichkeitsvereinbarung blieb ihm keine andere Antwort als: „Ich … äh … ich kann’s euch echt nicht sagen.“

Ich hoffe, ihr habt Spaß dabei, all die Moves, die mit SMART möglich sind, sauber in euer Arsenal zu integrieren!

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