Night Call: Test zur Pariser Mörderjagd im Taxi

Exzellente Dialoge treffen auf überschaubares Gameplay

 
Das absolute Highlight in Night Call sind eindeutig die Dialoge. Da man fast nicht anderes macht, außer zu lesen, sind gute Dialoge auch das A und O. Und hier glänzt das Spiel auf allen Ebenen. Es gibt kaum ein Thema der heutigen Zeit, das nicht in irgendeiner Form Erwähnung findet. Es geht um Gewalt, Rassismus, Transsexualität, psychische Störungen, Homosexualität und diverse Anspielungen auf gegenwärtige Konflikte, wie der Umgang Chinas mit den Uiguren beispielsweise.

Die Entwickler, und vor allem die Autoren schaffen es, bei euch als Spieler Bilder im Kopf und Emotionen im Bauch zu erzeugen. Unter diesem Aspekt ist die minimalistische Optik des Spiels sogar sehr gut gewählt, da man nicht durch Grafikbombast und Special Effects abgelenkt wird, sondern voll und ganz in die Dialoge und die dadurch erzeugten Bilder in eurem Kopf eintauchen kann. Sehr gut finden wir, dass das Spiel dabei nicht mit dem moralisch erhobenen Zeigefinger die Themen bewertet, sondern versucht, die berühmten zwei Seiten der Medaille aufzuzeigen. Und das gelingt dem Titel in den meisten Fällen gut bis sehr gut. Dafür ein Chapeau an die Entwickler von BlackMuffin und Monkey Moon.

Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Der Einstieg ist sehr verwirrend, da jeder Fall immer mit dem Anschlag auf euch beginnt. Später wird euch dann bewusst, dass es nicht ein Taxifahrer ist, der fünf verschiedene Fälle löst, sondern es ist immer nur ein Fall, aber die Protagonisten wie Zeugen und Verdächtige ändern sich. Schade ist auch, dass sich die Dialoge der „normalen“ Fahrgäste nicht mit jedem neuen Fall ändern. Somit wisst ihr spätestens beim dritten Fall, was euch dieser oder jene Fahrgast gleich erzählen wird. Auch wenn die Qualität der Dialoge überdurchschnittlich ist, rechtfertigt das unserer Meinung nach nicht, dem Spieler fünfmal (und öfter, wenn man noch das freie Spiel spielt) denselben Dialog zu präsentieren. Dann vielleicht lieber nur drei Fälle, aber dafür unterschiedliche Dialoge.

Ein weiterer Schwachpunkt von Night Call betrifft das Thema „Wie gehe ich mit meinen Erkenntnissen um?“ Ihr habt in eurer Wohnung die Übersichtstafel mit den relevanten Hinweisen, die im Laufe des Spiels natürlich immer mehr werden. Teilweise so viele, dass sich einige überlagern und man zunehmend den Überblick verliert. Wie die Hinweise aber einzuordnen sind, wird vom Spiel nur unzureichend erklärt. Ihr kommt irgendwann dahinter, aber eher durch Learning by Doing. Immerhin ist die Beweisaufnahme und -interpretation eines der Kernelemente des Spiels.

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