Resident Evil 6: Ein Abenteuer zum Fürchten

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Muskeln und Blei verderben den Brei

Höchste Zeit, dass wir uns der nächsten Kampagne widmen. Dazu wechseln wir den Schauplatz und befinden uns nun in einer schäbigen Kneipe im chinesischen Lanshiang, inspiriert vom realen Hongkong. Das beschert uns ein Wiedersehen alter Bekannter #2, denn an der Bar sitzt niemand Geringeres als Chris Redfield, Held aus dem Seriendebüt, einem indizierten Nachfolger und Resident Evil 5. Der muskelbepackte Soldat ersäuft seinen Frust im Alkohol, nachdem er in einem Einsatz seine Einheit verlor. Allein in diesen 2 Minuten Zwischensequenz stecken so viele ausgelutschte Klischees, dass wir es bei jedem anderen Actionspiel ankreiden müssten. Nicht aber bei Resident Evil, denn diese Reihe zelebriert seit jeher den B-Movie-Flair. Hier gehören solche Szenen einfach dazu wie der Roundhouse-Kick zu Chuck Norris.

Als Ausnüchterungskommando und Koop-Partner steht dem guten Chris ein gewisser Piers Nivans zur Seite. Über diesen Soldaten würden wir euch gerne mehr erzählen, doch es gibt einfach nichts zu sagen. Seinen Hintergrund kennen wir nicht und sein Charakter offenbarte keinerlei Eigenschaften, bisher ein komplett gesichtsloser und uninteressanter Holzklotz. Schade, aber in dieser Kampagne scheint in Sachen Geschichte nur Chris Redfield stattzufinden.

Was das Gameplay angeht, habt ihr es sicher längst erraten: Chris hat Oberarme wie Stallone und Schwarzenegger und steht ergo für brachiale Action à la Resident Evil 5. Seine Levels bieten dementsprechend weniger Horror, sondern Futter für die Zielgruppe Call of Duty. Passend dazu wurde das Uroboros-Parasit des Vorgänger inzwischen weiterentwickelt und erschafft nun die neuen J'avos. Diese Infizierten sind nicht nur flink wie die Majini und schützen ihren Kopf durch Masken. Obendrein verändern sie sich. In Resident Evil 5 führten Kopftreffer manchmal dazu, dass ein Virustentakel aus dem Gegner emporwuchs und diesen besonders gefährlich machte. Diese Mutationen kommen bei den J'avo häufiger vor und betreffen sämtliche Extremitäten. Schießt ihr einem Widersacher also den Arm ab, sprießt auch dort womöglich ein stärkerer Virusstrang hervor. Dass bringt Taktik ins Spiel: Einerseits kann es hilfreich sein, die Monster mittels Schüssen auf Gliedmaßen abzubremsen. Andererseits riskiert ihr so die fatalen Mutationen.
Um das Fass gar voll zu machen, erweisen sich die neuen Infizierten auch noch als sehr versiert im Umgang mit Schusswaffen. Damit rückt die Chris-Redfield-Kampagne endgültig in den Bereich von Militär-Shootern wie SpecOps: The Line.

Um euch gegen diese agileren Feindscharen überhaupt eine Chance zu gönnen, modernisierten die Entwickler das Kampfsystem. Endlich könnt ihr euch beim Zielen/Schießen gleichzeitig bewegen. Das ermöglicht typische Shooter-Manöver wie das Strafen, also das seitwärts laufen mit Waffe im Anschlag. Prinzipiell eine richtige Entscheidung und in der langsameren Leon-Kampagne auch völlig ausreichend. Im Fall der Shooter-lastigen Chris-Kampagne fühlt sich das Gameplay für uns aber noch immer nicht rund an. Trotz neuer Beweglichkeit und frischer Ausweichrollen und Hechtsprünge als Notfallmanöver: Verglichen mit Actionstars wie Marcus Fenix aus Gears of War 3 wirkt Chris so agil wie ein voller Einkaufswagen neben einem Motocross-Bike.

Besonders unangenehm fällt das beim neuen Deckungssystem auf. Während uns Chris Demo-Level in Schusswechsel über den Dächern der Stadt verwickelte, ließ sich oft nicht sofort erkennen, an welchen Stellen wir Schutz nehmen konnten. Noch schlimmer sieht's bei der Steuerung aus: Ihr müsst erst die linke Schultertaste drücken und dann einen weiteren Knopf betätigen, damit Chris sich hinter ein Hindernis oder eine Mauer duckt. Umständlich und in der Hitze des Gefechts echt nervig. Wer obendrein aus Gears of War 3 und Co. solche Feinheiten wie das flüssige Wechseln der Deckung gewohnt ist, dem kommen in Resident Evil 6 Tränen der Verzweiflung.

Capcom hatte im Vorfeld angekündigt, dass man sich ein großes Stück vom gewaltigen Kuchen der Action-Blockbuster sichern will. Was das Gameplay angeht, stehen die Japaner allerdings mit einem Tortenheber in der Hand im Vorgarten und wissen nicht mal, wo die Party steigt. Geschweige denn davon, wo das Buffet mit dem lecker Nachtisch steht. Den sehr guten Eindruck der Leon-Kampagne machten Chris und Piers auf jeden Fall zunichte. Die Schusswechsel sind austauschbar und fad, im Jahr 2012 lockt das niemanden mehr hinterm Sofa vor. Dazu fehlte es dem Leveldesign des Demo-Abschnitts an einem Sinn für Richtung, das ganze Vorgehen wirkt ziel- und planlos. Zu guter Letzt ziehen die veraltete Steuerung und das furchtbare Deckungssystem den ohnehin nur mittelprächtigen Action-Teil noch weiter herunter. Da müssen die Entwickler bis zur Veröffentlichung noch einige Überstunden schieben, damit es im Herbst kein böses Erwachen gibt!

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