Seite 1
Was macht ein Headset aus? Der Kopfhörer? Das Mikrofon? Die Verarbeitung? Das Aussehen? Alles richtig und doch für die in den letzten Jahren in Mode gekommenen Dolby Surround Headsets nicht mehr alleine ausschlaggebend. Stattdessen kommt es hier immer stärker auf die Sound Control Unit kurz SCU an, die einem Mischpult gleich die ankommenden Tonsignale empfängt, decodiert, verbessert und an das Headset weiterleitet. Besondere Erfahrung hat hier der taiwanesische Headset Hersteller Sharkoon vorzuweisen, der mit seinem neuen X-Tatic Pro die aus den Vorgängermodellen bekannte SCU nochmals weiterentwickelt hat und damit Platzhirsche wie Tritton und Turtle Beach herausfordern will.
Tradition mit Guckloch
Panzer haben Sichtluken, Schiffe haben Bullaugen und die Verpackung des X-Tatic Pro hat ein Guckloch, dass interessierte Kunden vor dem Kauf anheben können, um das Äußere des Headsets eingehender zu betrachten. Davon einmal abgesehen kommt das X-Tatic in einem schlichten bedruckten Pappkarton, in dem sich neben dem Headset die eingangs erwähnte SCU, diverse Anschlusskabel, das abnehmbare Mikrofon sowie eine umfangreiche Anleitung in englischer Sprache befinden (die deutsche Anleitung wird auf einer beiliegenden CD mitgeliefert).
Das zur X-Tatic Reihe gehörende Pro Headset stellt eine Weiterentwicklung des fast schon legendären Multikonsolen Headsets X-Tatic Digital dar, für das es im Laufe der vergangenen Jahre etliche Nachfolgemodelle gab. Dabei erfreut sich dieser Typ besonders wegen seines angenehmen Tragekomforts und seiner guten Klangqualität großer Beliebtheit, hatte aber in der Vergangenheit häufig mit Verarbeitungsproblemen im Mikrofon und Kabelbereich zu kämpfen. Zum zehnjährigen Jubiläum hat Sharkoon mit dem X-Tatic Pro nun eine überarbeitete Neuauflage des Klassikers in die Läden gebracht.
Aus alt mach neu
Folgerichtig hat sich am Design wenig geändert, wie unser Vergleichsbild mit einer der ersten Versionen des X-Tatic Digital bestätigt. Zwar wirkt das Headset äußerlich etwas hochwertiger: So wurde anstatt des glänzenden Kunststoffs zu einer weniger Fingerabdruck empfindlichen matten Variante gewechselt, trotzdem sind die Materialien noch weitgehend die gleichen, besonders im Vergleich zur aktuellen Version des X-Tatic Digital hat sich zumindest optisch kaum etwas geändert. Dabei wirkt das Pro mit seinen schlichten Schwarz, den hervorstechenden grünen Elementen und dem transparenten Kunststoff an den Ohrmuscheln nach wie vor durchaus edel. Um einiges eindrucksvoller und auch etwas größer ist hingegen die Kontrolleinheit des Headsets geraten, die nun, ebenso wie die SCU, mit einer schicken Klavierlackoptik besticht und statt einem kantigen Design mit edlen Rundungen aufwartet.
Offensichtliche Veränderungen gegenüber der Version 1.0 sind hingegen in der Verarbeitung festzustellen. Wo Sharkoon früher in puncto Polsterung eher Holzklasse fuhr, sind die Ohrmuscheln des Pro jetzt ordentlich aufgeplustert und stehen denen der Konkurrenz in nichts nach. Bei der Wahl des Bezugs wurde hingegen weiter auf einen Kunststoffbezug anstatt eines Lederimitats gesetzt, was den Vorteil hat, dass der Stoff deutlich atmungsaktiver und das Ohr nicht hermetisch von der Luft und der Außenwelt abriegelt ist, wie beispielsweise beim Tritton Warhead der Fall. Dafür sammeln sich jedoch recht schnell Haare am Polster, die regelmäßig entfernt werden sollten. Einen guten Eindruck macht außerdem der Bügel des Headsets, der an den Ohrmuscheln fest verschraubt wurde und dem ganzen Gerät damit eine gute Stabilität verleiht, ohne jedoch zu starr zu werden.
Vom Winde verweht
Einzig die SCU fühlt sich mit 150g Gewicht nach wie vor zu leicht an. Um das Problem zu verdeutlichen, sei Apples iPhone 5 genannt, von dem viele Nutzer behaupten es wäre einfach nicht schwer genug, um angenehm in der Hand zu liegen. Natürlich befindet sich die SCU des Pro in der Regel fest an einem Platz, problematisch wird es aber, wenn ihr auch nur minimal das Headsetkabel bewegt – sofort dreht sich die Box in die entsprechende Richtung mit. Ein paar Gewichte hätten hier einen wertigeren Eindruck vermittelt und die Standfestigkeit verbessert.
Ähnlich wie bei Autositzen, gibt es auch bei Headsets eine grundlegende Unterscheidung zwischen Standard, Sport und Komfortsitzen. Sharkoon fährt beim X-Tatic eher die Sportvariante, die auf eine allzu umfangreiche Polsterung verzichtet und stattdessen einen stabilen, konturbetonten Halt in den Vordergrund stellt. Das erklärt auch, warum viele Kunden in Produktbewertungen und Foren den zu strammen Sitz des Pro am Ohr bemängeln. Sicher ist so etwas auch immer ein sehr individueller Eindruck, verglichen mit anderen Surround Headsets liegt das X-Tatic unserer Ansicht nach jedoch nicht zu fest an und ist sogar relativ leicht (350g). Selbst nach über sechs Stunden nahezu ununterbrochener Nutzung fühlte sich das Pro noch angenehm an Kopf und Ohren an. Zudem lassen sich die Kopfhörerbügel um bis zu 4cm auf beiden Seiten ausziehen und sind die Ohrmuscheln beidseitig sowohl horizontal, als auch vertikal verstellbar, sodass sich das Headset bequem an nahezu jede Kopfgröße anpassen lässt.
Was das (Hifi-)Herz begehrt
Auch wenn die SCU kaum Gewicht auf die Waage bringt, verbirgt sich in der rechteckigen Wundertüte doch eine erstaunliche Anzahl an Anschlussmöglichkeiten. Ob analog, optisch oder coaxial, hier ist für jeden etwas dabei. Dass ermöglicht nicht nur den Anschluss an Xbox 360, Playstation 3 und PC, sondern auch an ältere Konsolen, Tablets, DVD-Player und sogar Surround Sound Systeme – ohne das ein einziges Kabel umgesteckt werden muss. Möglich wird das unter anderem durch einen zusätzlichen optischen Audio-Ausgang, der das optische Signal an eure Anlage oder euren Verstärker durchschleift. Als besonderes Gimmick beherrscht die SCU sogar Dolby Pro Logic II, kann also den Klang aus einer Stereoquelle in 5.1 Surround Sound umwandeln.
Der Anschluss des X-Tatic an die SCU erfolgt über Kabel, eine Wireless-Verbindung steht nicht zur Verfügung, dafür können bis zu zwei Headsets gleichzeitig an einer Box angeschlossen werden. Das Verbindungskabel ist dabei mit etwas über 4m ausreichend lang und kann mit einem integrierten Clip am Shirt befestigt werden, sodass es kaum stört. Das Chatkabel hingegen wird wie gehabt an der Kontrolleinheit und am Controller eingesteckt.
Acht Lautsprecher für ein Halleluja
Während des Spielens reguliert ihr In-Game-Sound und Mikrofonlautstärke an der Kontrolleinheit, schaltet das Mikrofon stumm oder erhaltet dank der integrierten Microphone-Voice-Monitoring-Funktion eine direkte Rückmeldung über eure eigene Sprechlautstärke. Zudem habt ihr beim X-Tatic die Möglichkeit die Intensität der vier Lautsprecher (Center, Front, Rear und Subwoofer) je Ohrmuschel getrennt einzustellen. Wer es gerne etwas Basslastiger hat, dreht einfach den Subwoofer höher, wer zu viel Schmalz im linken Gehörgang hat, schraubt einfach dort die Lautstärke hoch. In der Praxis funktioniert das ohne Probleme, ob es auch Sinn macht sei jedoch dahingestellt. Wer regelt schon den rechten Lautsprecher anders als den linken?
Nichtsdestotrotz sorgen die insgesamt acht Lautsprecher für einen bombastischen 3D Raumklang, den in dieser Stärke bisher keines unserer anderen Testmuster erreicht hat. In Halo 4 konnten wir neben den obligatorischen Schritten sogar das Rascheln der Waffen an der Rüstung hören und die weit entfernte Explosion eines Mantis genau verorten. Dafür ist der Kopfhörerklang teilweise etwas metallisch und im mittleren Frequenzbereich ein wenig fad, wenngleich die Töne klar und rauschfrei daher kommen. Auf den Punkt gebracht heißt das: Wer andere Headsets gewöhnt ist, dem steht beim X-Tatic Pro eine gewaltige Umstellung bevor. Der enorme Surround Sound eignet sich ausgezeichnet zum Gaming, für Filme und insbesondere Musik ist er jedoch weniger geeignet. Folgerichtig ist auch das Mikrofon sehr gut und überträgt eure Stimme ohne Rauschen oder Verzerrungen.
Fazit
Tradition verpflichtet. Und auch wenn Sharkoon aktuell erst sein zehn jähriges Firmenjubiläum feiert, so waren die Erwartungen an den Nachfolger des legendären X-Tatic Digital doch groß – auch angesichts des Preises. Schließlich sind 130 Euro für ein Surround Headset (Amazon) aktuell gar nicht so viel Geld, verlangen andere Hersteller wie Astro, Turtle Beach oder Tritton doch mitunter weitaus mehr für ihre Spitzenmodelle. Auf diesem schmalen Grad konnte das Pro in unserem Test mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen: Das Headset sitzt gut, ist ordentlich verarbeitet und wartet mit einer Wundertüte von SCU auf, die keinen Wunsch offen lässt. Etwas gewöhnungsbedürftig, wenn auch äußerst beeindruckend, ist alleine der Raumklang des Headsets, der einer 5.1 Anlage bereits sehr nahe kommt, mitunter aber etwas metallisch wirkt.
Inhaltsverzeichnis